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Naomi und Yoon: Zeit für Veränderung

  • 1.7.2024

Interview von LYNETTE NYLANDER 

Es ist schon komisch, welche Annahmen wir über andere und uns selbst entwickeln – und das oft unbewusst. Naomi Osaka ist die Rebellin der Tenniswelt und gewann bislang vier der größten Turniere in ihrem Sport und doch sagt sie, sie sei (schon immer) ziemlich zurückhaltend (gewesen). Yoon Ahn, Cultural Analyst und Nike Women’s Global Curator bezeichnet sich selbst als introvertiert. Mit anderen Worten ist das, was in ihr vorgeht, nicht immer von außen sichtbar. 

Was passiert also, wenn Naomi und Yoon zusammenkommen? Ein Treffen zweier Gleichgesinnter, gute Laune und ein völlig unerwartetes Gespräch. (Aufgepasst!) Lynette Nylander sprach mit Naomi und Yoon darüber, was es für sie bedeutet, auf den größten Bühnen der Welt unterwegs zu sein und wie sie überraschenderweise Kraft in der Sanftmut finden.

LYNETTE NYLANDER Wie habt ihr euch kennengelernt?

NAOMI OSAKA Ich bin schon lange ein Fan von Streetwear. Bei meinen Reisen nach New York bin ich dort immer in die kleinen Boutiquen gegangen. Dort sah ich ein Poster einer Felljacke, die Yoon in Zusammenarbeit mit Nike designt hatte. Diese Jacke stand allerdings nicht zum Verkauf, daher konnte ich nicht kaufen. Ich habe mich danach aber näher mit ihrer Arbeit beschäftigt und bin seitdem ein Fan von ihr.

YOON AHN Danke. Für mich war es der Moment, als Naomi in New York das erste Mal das größte Turnier gewann. Da dachte ich: "Die kommt ja auch aus Japan"". Darauf war ich besonders stolz.

LYNETTE Ein wirklich unvergesslicher Moment! Es war echt schön, zu sehen, wie sich zwei Frauen gegenseitig bewundern und unterstützen. Das macht den Frauensport meiner Meinung nach aus. Egal, ob man gewinnt oder verliert, alle unterstützen einander.

NAOMI Als Tennisspielerin, die Singles spielt, spielt die Zusammenarbeit eine wichtige Rolle für mich. Viele denken, ich mache alles allein. Aber auf Reisen begleitet mich ein Team. Und wir arbeiten in dem Sinne zusammen, dass sie hinter den Kulissen all die harte Arbeit leisten, durch die ich beim Sport glänzen kann. Man kann Grenzen nicht allein überwinden. Wer mit anderen zusammenarbeitet, kommt viel weiter.

YOON Ich will bei jedem Projekt etwas dazulernen und etwas völlig Neues tun und schaffen. Naomi und ich haben uns auf unsere Wurzeln besinnt. Wir sind beide gebürtige Japanerinnen. Wir haben überlegt, was uns an Japan gefällt. Dabei haben wir realisiert, dass wir beide eine sanfte Art haben und andere gern auf uns zukommen.

"Man kann Grenzen nicht allein überwinden. Wer mit anderen zusammenarbeitet, kommt viel weiter."

Naomi Osaka

LYNETTE Ich habe den Eindruck, dass der Dresscode für Tennisspieler:innen noch sehr traditionell ist. Ich kann mir vorstellen, wie spannend es für dich sein muss, jetzt mit Designer:innen zusammenzuarbeiten und deine Kultur und deinen Style in deine Arbeit einfließen lassen zu können.

NAOMI Ich habe Mode schon als Kind geliebt und mir schon lange mehr Abwechslung und Vielfalt bei der Tennisbekleidung gewünscht. Es ist so ein toller Sport. Da wäre es doch schön, wenn man dabei auch stylish aussehen könnte. New York ist für mich wie eine Bühne. Es ist wie bei den Kostümen, die Sänger:innen tragen. In den grellen Lichtern der Stadt muss man schon fast ein Kostüm tragen und zeigen, was man drauf hat.

LYNETTE Herrscht dort eine ganz andere Atmosphäre?

NAOMI Ja, ich finde, in New York ist es immer Showtime. Besonders bei Abendmatches. Die Leute wollen Unterhaltung und gute Tennismatches. Die Zuschauer:innen sind sonst beim Tennis eher ruhig. In New York geht das Publikum aber richtig mit. Das macht total Spaß. Letztes Jahr habe ich selbst nicht gespielt, aber von der Tribüne aus zugeschaut. Das war ein schönes Erlebnis.

LYNETTE Ich habe das Gefühl, das Frauen in allen Sportarten endlich die Anerkennung bekommen, die ihnen gebührt. Das merkt man gerade richtig. Warum glaubst ihr, dass das gerade jetzt passiert?

NAOMI Schwere Frage ... ich selbst bin so im Sport drin. Ich hab das Gefühl, dass die WNBA erst seit Kurzem mehr Aufmerksamkeit bekommt. Und der Laufsport durch Sha’Carri. Ich selbst gucke schon seit meiner Kindheit Sport.

YOON Es war sicher höchste Zeit dafür, aber schön, dass die Veränderung jetzt so schnell kommt. Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Es ist wichtig, dass Frauen endlich auch im Sport und darüber hinaus anerkannt werden, da viele unserer Strukturen auf dem männlichen Blick basieren. Es freut mich, dass in verschiedenen Kulturen auf der ganzen Welt immer mehr Menschen verschiedener Hintergründe berühmt werden.

NAOMI Ich denke, es wird in Zukunft noch mehr und größere Veränderungen geben.

LYNETTE Ihr habt beide sehr viel um die Ohren. Naomi, du bist vor Kurzem Mutter geworden und hast eine beeindruckende Karriere. Und Yoon du wirkst neben Ambush und Nike noch an vielen anderen Projekten mit. Wie schafft ihr es, bei allem konzentriert dabei zu sein und euch mental darauf vorzubereiten? Das würde mich wirklich interessieren.

NAOMI Ich bin ein von Natur aus sehr neugieriger Mensch, wodurch ich schon viel im Leben ausprobiert habe. Ob ich viel um die Ohren habe, daran denke ich meistens gar nicht. Wo ich bin, das habe ich meiner Neugier zu verdanken. In meinem Projekten dreht sich alles um Dinge, die mich interessieren und über die ich etwas lernen will. Ich bin natürlich keine Expertin, außer vielleicht im Tennis.

YOON Meiner Meinung nach sind das Chancen, die man bekommt. Die Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren und dazuzulernen, nicht? Ich will nicht immer wieder Gleiche tun. Wenn sich mir eine Gelegenheit bietet, packe sie also am Schopf. Dann fühle ich mich wie ein Kind im Süßwarenladen. Ich habe das Gefühl, ich darf mich austoben.

"Ich will bei jedem Projekt etwas dazulernen und etwas völlig Neues tun und schaffen. "

Yoon Ahn

LYNETTE Ihr seid für mich beide kreative Frauen, die ihr eigenes Ding machen. Was würdet ihr anderen Kreativen mit auf den Weg geben, um sie genau dazu zu inspirieren?

NAOMI Für mich geht es immer wieder darum, stolz darauf zu sein, wer ich bin. Als Kind war ich sehr schüchtern.

Das bin ich eigentlich immer noch. Ich habe nie meine Meinung gesagt und dachte, vielleicht darf ich gar keine haben. Irgendwann hat es Klick gemacht. Ich habe erkannt, dass ich eine eigene Stimme habe und wollte sie einsetzen: um zu sagen, was mir gefällt oder nicht, und um mich für das einzusetzen, was ich für richtig halte. Auch das gehört zum Selbst. Jeder sieht die Dinge anders.

YOON Ich war vielleicht um einiges introvertierter. Ich habe mich an andere angepasst, Zeit allein verbracht, viel gelernt. Ich habe in Büchern Zuflucht gefunden, aber auch in Zeitschriften und mich gefragt, wie die Welt da draußen wohl ist. Und weil ich so aufgewachsen bin, freue ich mich über jede Gelegenheit, etwas Neues zu entdecken. Das Leben ist zu kurz zum Rumsitzen und Grübeln. Besser man macht es und bereut es, als es zu lassen und das dann zu bereuen.

Worte und Bilder aus dem Nike Women Zine, 1. Ausgabe.

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