Bahnbrechendes Design: Das Geheimnis hinter den bisher ungewöhnlichsten Air-Schuhen von Nike
- 11.4.2024

Im zweiten Stock des LeBron James Innovation Building in Beaverton, Oregon, sitzen Designer:innen von Nike um einen Tisch herum. Sie begutachten einen in 3D gedruckten Schuhprototyp für Victor Wembanyama, der Schuhgröße 55 trägt.
Der Schuh ist mindestens ebenso beeindruckend wie der 2,24 Meter große Forward selbst. Das geometrische Muster auf dem Obermaterial erinnert an ein Gehirn. Inspiriert wurde es von dem Wismut-Kristall, den Wembanyama in der Draft Night letzten Sommer um den Hals trug, als er zur Nummer 1 der Liga gewählt wurde. Über den seitlichen Mittelfuß und die Außensohle verläuft ein noch nie zuvor in einem Basketballschuh verwendetes, spaltförmiges Nike Air-Element. Das Aussehen erinnert an einen Riss in einem Kometen, der auf die Erde gefallen ist. Das Air-Element sorgt in diesem Modell nicht nur für die Dämpfung unter den Füßen, sondern auch dafür, dass Wembanyama während des Spiels bei extremen Bewegungen Halt hat und nicht umknickt. Der Prototyp ist – genau wie der Athlet, für den er gemacht ist – in jeder Hinsicht revolutionär. Etwas Vergleichbares gab es noch nie. Dennoch bedarf er weiteren Finetunings – und die Zeit rennt.
Die Teammitglieder tauschen sich ausführlich über den riesigen Prototyp aus. Dieser ist in der Farbe Sail gehalten. Das Air-Element im typischen Nike Total Orange sorgt für einen zusätzlichen Akzent. Die Designer:innen wollen, dass die juwelenartigen Strukturen im Inneren des Orange besser zur Geltung kommen und dafür das Element mit einem dunkleren Farbverlauf akzentuieren. Eines der Teammitglieder merkt an, dass die Profiltiefe des Musters bei diesem Prototyp etwas zu gering ist und dass der Schlagschatten über der Textur das Licht nicht abfängt.
"Können wir eine neue Version dieses Air-Elements drucken?", fragt eine:r der Designer:innen. "Und können wir dieses Profil noch vertiefen?" Ein Projektmanager macht sich Notizen, bevor er durch den Flur zum Concept Creation Center eilt und die Änderungen in einen großen 3D-Drucker programmiert. In dem riesigen Raum hinter ihm sind die Geräusche von 12 anderen Schuhdesign-Sitzungen zu hören. Der Raum ist von 13 riesigen Moodboards umgeben, von denen jedes einem anderen Prototyp einer/eines Athlet:in gewidmet ist. Die digitalen Renderings, Skizzen und Materialproben quellen förmlich über die drei Meter hohen Tafeln hinaus.
"Meine große Hoffnung ist, dass dieses Projekt ein Gespür für die unbegrenzten Möglichkeiten weckt."
John Hoke, Nike, Chief Innovation Officer
Das Designstudio im LeBron James Innovation Building war der Inkubator für A.I.R. – Athlete Imagined Revolution. Dabei handelt es sich um einen kreativen Entwicklungsprozess, bei dem Teams aus Nike Designer:innen und -Innovator:innen mit 13 Spitzenathlet:innen der Marke – von Wembanyama über Sha'Carri Richardson bis hin zu Kylian Mbappé – zusammenarbeiten. Im Rahmen von A.I.R. kommen einige der weltbesten Athleten:innen und Nike Innovator:innen zusammen, um mithilfe modernster Technologien und KI die Zukunft von Air mitzugestalten.
In der Geschichte von Nike gibt es wohl kein Projekt, das so viele zukunftsweisende Disziplinen zusammenbringt und so das Zusammenspiel von Designern:innen, Athlet:innen und Technik revolutioniert. Nike Air ist die perfekte Leinwand dafür. Der Reiz von Air liegt darin, dass es nie eine endgültige Form erreichen wird. Die Technologie ist ein Beispiel für kontinuierliche Erneuerung und unendlichen Fortschritt. Und mit dem Aufkommen immer neuer Technologien sind einige der kühnsten Visionen von Air keine Fantasie mehr. Die Vorbereitungen auf die Spiele in Paris boten die Gelegenheit für Nike, um in Zusammenarbeit mit den Athlet:innen neue Horizonte für Air zu öffnen und der Fantasie Raum zu geben.
“Damit diese Prototypen erfolgreich sind, müssen sie Emotionen wecken", sagt John Hoke, Nike, Chief Innovation Officer. "Sie müssen eine gewisse Ehrfurcht vor dem, was hinter dem Horizont liegt, und einen Optimismus im Hinblick auf die Zukunft wecken. Meine große Hoffnung ist, dass dieses Projekt ein Gespür für die unbegrenzten Möglichkeiten weckt. Die Nike Air-Technologie ist mittlerweile fast 50 Jahre alt. Und wir sind gerade erst am Anfang, das Potenzial von Air voll auszuschöpfen. Diese Schuhprototypen sind der Beleg dafür, dass wir noch lange nicht am Ziel angelangt sind."
Die Designtechniken von A.I.R., die in diesem Gebäude – dem Epizentrum für Kreativität und Fortschritt im World Headquarters von Nike – zum Einsatz kommen, bringen Rechenleistung, Fertigungskapazitäten und menschliche Fähigkeiten an ihre Grenzen. Diese Prototypen demonstrieren die fantastischen Möglichkeiten von Nike Air, sind aber in einer ganz bestimmten Realität verankert – der Welt, in der die Athlet:innen ihre Leistungen erbringen und an Wettkämpfen teilnehmen.
A.I.R. definiert die handwerkliche Professionalität von Nike neu: Das Fachwissen der besten Kreativtalente wird mit den modernsten Designtools vereint, um Athlet:innen ein noch nie dagewesenes Maß an Personalisierung zu bieten.

Das ist nur ein Bruchteil der Konzepte, deren Zahl in die Hunderte geht, die mit einer Reihe von generativen Werkzeugen an einem einzigen Nachmittag erstellt wurden.
Zum Auftakt haben die Innovator:innen von Nike Designteams für die 13 Nike-Athlet:innen in vier Sportarten gebildet: Leichtathletik, Fußball, Basketball und Tennis. Der erste Schritt bestand – wie immer bei Nike – darin, auf die Stimme der Athlet:innen zu hören. Um das ideale Schuhdesign zu finden, sind die Teams mit einem Fragenkatalog an ihre Athlet:innen herangetreten. Schwebt ihnen etwas eher Konservatives oder etwas Ausgefallenes vor? Ein ganzheitliches Design oder etwas, das durch eine einzelne Komponente definiert ist? Etwas Monolithisches oder Fraktales? Bei anderen Fragen ging es um den Hintergrund der Athlet:innen. Welche Menschen, Orte oder Dinge haben sie inspiriert? Wie könnte der Schuh die Athlet:innen konkret verkörpern? Ihre Persönlichkeit, ihren Style, ihre körperliche Präsenz. Einfach alles. Bei diesen Zuhörsessions war nichts tabu.
Bei dieser Art von Verkörperung geht es darum, die "Wahrheit der Athlet:innen" zu ergründen, sagt Roger Chen, Nike VP, NXT, Digital Product Creation – ein fast zelluläres Verständnis des Designs, das den Athlet:innen hilft, ihr Bestes zu denken, zu fühlen und zu leisten. Diese Formulierung war, so Chen, die Grundlage für den gesamten Designprozess. Wenn Sprinterinnen an den Start für den 100-Meter-Lauf gehen und ein tiefes Vertrauen darin haben, dass jedes Element, einschließlich ihrer Spikes, sie auf den Sieg vorbereitet hat, dann ist das die Wahrheit der Athlet:innen, sagt er. Und es ist ein Datenpunkt, der nicht quantifiziert werden kann und ein Höchstmaß an Vertrauen von beiden Seiten erfordert.
"Um die Wahrheit der Athlet:innen zu ergründen, braucht es authentische Beziehungen", sagt Chen. "Du musst wissen, für wen du arbeitest. Bei Nike hängt alles davon ab, wie gut wir unsere Athlet:innen kennen."
Nachdem die Designer:innen die Antworten der Athlet:innen erfasst hatten, ließen sie diese immer wieder durch KI-Prompts laufen, um ihre Ideen zu konkretisieren. Das Ergebnis dieser Durchläufe war überwältigend: Hunderte von Beispielen in Form von KI-erstellten Bildern für jede:n Athlet:in, die alle im Handumdrehen erstellt wurden. Damit hatten die Designer:innen von Nike eine Fülle von Inspirationen für die 13 endgültigen Prototypen.
Für Chen und sein Team wurden die von der KI generierten Ergebnisse zu Hilfsmitteln, mit denen sie die Beziehungen zu den Athlet:innen schneller und gezielter vertiefen konnten.
"KI hat unseren kreativen Prozess exponentiell beschleunigt", sagt Chen. "Früher haben wir Monate gebraucht, um diese Ansätze für den Einstieg zu entwickeln. Jetzt können wir sie in Sekundenschnelle erstellen. Für uns ist KI wie ein schärferer, intelligenterer Bleistift. Die Designer:innen behalten die Kontrolle. Die Magie entsteht daraus, was du mit dem Stift machst. Wir haben diesen generativen Programmen ganze Welten vorgegeben, die sie an uns zurückspiegeln sollten, und das haben sie getan. Aber das funktioniert nicht ohne die intensiven Gespräche, die unsere Teams mit unseren Athlet:innen geführt haben."
Nachdem Hunderte von KI-Visualisierungen gesichtet waren, legten die Teams den intelligenten Stift beiseite und taten das, was sie am besten können: Sie designten exakt nach den Vorgaben der Spitzenathlet:innen. Die 13 Teams ließen sich für ihre Entwürfe von den Formen, Texturen, generativen Figuren und sogar von den ganzen Welten der KI-Bilder inspirieren, um drei radikale Schuhkonzepte zu entwickeln, die Air auf eine neue Art und Weise zum Ausdruck bringen sollten. In einigen Fällen mussten die Designer:innen den Voreingenommenheiten der KI-Algorithmen entgegenwirken, um einheitliche Konzepte zum Thema Air zu entwickeln.
"Uns ist aufgefallen, dass viele der KI-Bilder, die Air interpretieren, von einer ähnlichen fließenden Ästhetik geprägt sind", sagt Chen. "Die Programme neigen dazu, Air organisch und fließend zu interpretieren. Wir haben uns auf die Inspirationspunkte konzentriert, die den jeweiligen Konzepten eine bestimmte, eindeutige Richtung geben.
Nachdem die Designer:innen drei Konzepte entwickelt haben, steht das ultimative Feedback an – das Urteil der Athlet:innen. Jedes Detail der Konzepte wurde diskutiert, einschließlich der Merkmale, die aus ästhetischen, funktionalen oder expressiven Gründen Berücksichtigung finden sollten.
Chen verweist auf eine frühe Session des Teams mit Eliud Kipchoge, in der der Marathonläufer seine Meinung zu einem ersten Konzept äußerte. Der Schuh hatte einen schalenförmigen, abgeschrägten Absatz, der an eine Karbonfeder eines Rennschuhs erinnerte. Auf dem Papier schien das aerodynamische Design ein Selbstläufer zu sein.
Nachdem er die digitale Darstellung in Ruhe studiert hatte, nahm Kipchoge ein Blatt Papier aus dem Notizbuch und zeichnete seine eigenen Skizzen.
Kipchoge zeichnete seine eigene Version des Konzepts, fügte aber noch etwas hinzu: Er bat das Team, den ausgehöhlten Bereich mit der Ferse zu verbinden. Seine Überlegung war, dass sich beim Laufen das Gestein von unbefestigten Wegen in der federartigen Form der Plattform festsetzen würde, sagt Chen. "Er hat ein Problem in der Funktionsweise seines Schuhs in seiner Trainingsumgebung gesehen, das wir noch nicht bedacht hatten."
Innovatives Design entsteht, wenn alle Beteiligten – Designer:innen, Athlet:innen und KI – unbedachte Annahmen hinterfragen können. Als Chen und das Designteam sich das Feedback der 100-Meter-Siegerin Sha'Carri Richardson zu ihren Konzepten anhörten, lag ein beschreibendes Wort in der Luft, das sie für ihr Design verwendete: anmutig.
"Wenn du an Sha'Carri denkst, dann fallen dir die Attribute Stärke, Kraft und Entschlossenheit ein", sagt Chen. Aber als das Designteam mit Sha'Carri über ihre Vorstellungen sprach, sagte sie den Designer:innen, dass sie keinen Spike wollte, der wie eine "Kampfsandale" aussieht. "Ihr Traum war es, dass ihr Fuß mit der Plattenkonstruktion des Spikes eine Einheit bildet. Deshalb haben wir uns darauf konzentriert, den Übergang vom Unterfußbereich zum Oberfuß und zum Beinabschluss besonders schön zu gestalten", sagt Chen. "Dieses Beispiel belegt, dass unsere Athlet:innen zahlreiche Eigenschaften auf einmal verkörpern. Unser Anliegen war es, dass ihre Prototypen dasselbe tun."
"Das Schönste an dem Projekt war, dass so unterschiedliche Köpfe an einem Tisch saßen und gemeinsam etwas geschaffen haben … Das ist der Nike Way, verschiedene Disziplinen zusammenzubringen, um etwas Neues zu schaffen."
Roger Chen, Nike VP, NXT, Digital Product Creation
Nachdem die Designer:innen die Rückmeldungen der Athlet:innen erhalten hatten, ging es an die Umsetzung. Die Teams machten sich an die Arbeit, die Prototypen zu erstellen, indem sie ihr fachspezifisches Wissen einbrachten. Dieses Vorgehen bezeichnet das Team als "intuitives Lesen".
Viele der Anregungen, die von den KI-Programmen ausgegeben wurden, waren einfach zu abenteuerlich. Würden sie in einen Prototyp umgesetzt, könnte ein solcher Schuh niemals den Strapazen eines dreistündigen Tennismatches auf einem schwülen Sandplatz in Melbourne oder den 360-Grad-Bewegungen eines anstrengenden NBA-Spiels auf dem Court standhalten. Sieht das aus wie ein Basketballschuh? Die Designer:innen müssen sich fragen: Wenn nicht, warum nicht? Ein erfolgreicher Prototyp, der das Potenzial hat, ein echtes Performance-Produkt zu werden, hat die Teams dagegen dazu veranlasst, sich zu fragen: Wenn ja, wie? Welche Erkenntnisse aus A.I.R. könnten eines Tages helfen, Produkte der Zukunft zu gestalten? Um diese Antworten zu finden, nutzten die Teams alle fortschrittlichen Tools, die Nike für das Erstellen der Prototypen zur Verfügung stehen: Immersives 3D-Sketching, computergestütztes Design, 3D-Druck und Simulation, aber auch traditionelle Methoden wie das Skizzieren von Hand.
Nehmen wir die Paralympionikin und Tennisspielerin Diede de Groot. Diede ist darauf angewiesen, dass ihre Füße fest in ihrem Rollstuhl sitzen, und ihre Schuhe dürfen sie nicht von ihrem Spiel ablenken. Das Team konnte Air nicht als Unterfußdämpfung im traditionellen Sinne verwenden, aber das Erscheinungsbild von Air musste trotzdem authentisch zu ihrer Vision passen. Die Lösung: Ein Schuh, der sich schnell und einfach in ihren Rollstuhl einklinken lässt und sie fixiert, ähnlich wie ein Fahrradschuh, während das Obermaterial mit Air für den nötigen Halt sorgt. Mit digitalen Methoden wie der Simulation konnten die Designer:innen den Halt und die Strapazierfähigkeit von de Groots Schuh rechnerisch testen, bevor ein echter Prototyp gedruckt wurde.
"Das Schönste an dem Projekt war, dass so unterschiedliche Köpfe an einem Tisch saßen und gemeinsam etwas geschaffen haben, indem sie die verschiedenen Techniken und Technologien ineinander fließen ließen", sagt Chen. "Wir haben ständig voneinander gelernt. Das ist der Nike Way, verschiedene Disziplinen zusammenzubringen, um etwas Neues zu schaffen."
Dank der Fertigungsmöglichkeiten von Nike konnten die Teams schnell physische Komponenten herstellen, um die Designformen direkt und in Echtzeit zu bewerten. Dann zeigt sich die ganze Leistungsfähigkeit der Einrichtungen von Nike, von den schnellen 3D-Druckern im Concept Creation Center, mit denen sich Designtheorien überprüfen lassen, bis hin zu den Air-MI-Maschinen von Nike, die sich in einem Gebäude etwa anderthalb Kilometer vom World Headquarters entfernt befinden. Sie können ein noch nie dagewesenes Air-Element nach den Vorschlägen von Athlet:innen formen.
Die Fertigung hat einen weiteren Vorteil für den Entwurfsprozess: Bei den realen Objekten werden subtile Unvollkommenheiten sichtbar, die dann verbessert werden können.
Tennisprofi Zheng Qinwen ließ sich bei ihrem Konzept von ihrem chinesischen Erbe inspirieren. Das Nike Air-Element hat die Form eines aufgerollten Drachens, der für Halt und Stabilität sorgt, und die Drachenschuppen sorgen für eine zuverlässige Traktion.
Zurück im Arbeitsbereich hält ein:e Designer:in das Muster von Qinwen hoch. Das Licht über dem Tisch lässt das Total Orange des serpentinenförmigen Air-Elements erstrahlen. Die Einkerbungen des Clips, eine Ansammlung von Drachenschuppen, die für Traktion sorgen, sind perfekt auf die Geometrie des Air-Elements darunter abgestimmt. Das ist nur aus der Nähe zu erkennen.
Bei einem früheren Prototyp passten die Texturen des Clips nicht zu den Texturen der darunter liegenden Einheit. Deshalb haben die Designer:innen von Nike ein neues Muster erstellt und die Schuppen perfekt an die Geometrie der Einheit angepasst. Außerdem wurde das Muster in Bereichen mit hoher Abnutzung rechnerisch verstärkt – eine Erkenntnis, die sich aus den umfangreichen Daten der NSRL-Tennisabnutzungstests ergab.
"Nur wenige Menschen werden das Maß an Besessenheit erkennen, das in diesen endgültigen Entwürfen steckt", meint das Kreativtalent. "Entscheidend ist, dass wir es geschafft haben."
Die endgültigen Athlet:innen-Konzepte
Der Prozess wiederholt sich: Die Designer:innen tragen weitere Rückmeldungen zu den Mustern zusammen, verfeinern die Details des Prototyps, drucken weitere Teile und gehen bei Bedarf zurück ans Zeichenbrett. Moodboards im Arbeitsbereich, auf denen die neuesten Muster von Athlet:innen zu sehen sind, werden innerhalb weniger Stunden abgebaut und mit aktualisierten Renderings und Materialien wieder aufgebaut. Am Ende einer noch nie dagewesenen Zeitspanne sind die Nike A.I.R. Prototypen bereit, in Paris enthüllt zu werden. Das ist ein iterativer Prozess, wie er im Buche steht. Und auch der kreative Prozess wird deutlich: Jede Form ist ein Stück Stein, das von allen Seiten abgetragen wird, um die Kunst darunter freizulegen.
Für Hoke stand von der ersten Minute an fest, dass die Vision des Projekts so ambitioniert ist wie sein Akronym A.I.R.. Athletes steht für all diejenigen, für die Nike Produkte entwickelt und herstellt, sagt Hoke. Imagined ist die Inspiration, die Nike aus der KI als Partnerschaftswerkzeug zieht. Revolution bedeutet genau das: eine Revolution für die Art und Weise, wie Nike arbeitet.
"Wir beherrschen unsere generativen Tools so gut, dass wir den Athlet:innen eine unübertroffene Personalisierung bieten können", sagt Hoke. "Wenn KI ohne die entsprechende Erfahrung eingesetzt wird, entstehen Entwürfe, die voller Allgemeinplätze sind. Aber nachdem wir unseren Athlet:innen zugehört haben, machen wir uns die konzeptionelle Kraft der KI zunutze und verwenden sie, um die Bedürfnisse der Athlet:innen zu ergründen und einen neuen Arbeitsprozess zu schaffen. Wir können von einem Produkt besessen sein, und die KI wird zum kreativen Komplizen für uns."
Nach Ansicht von Hoke geben neue Tools wie KI den Designer:innen von Nike die Möglichkeit, mehr zu tun als nur zuzuhören. Er nennt es parametrische Innovation, ein Ableger des parametrischen Designs. Algorithmen produzieren Rohkonzepte auf der Basis von Eingaben – und dann endet der Prozess. Das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine wird in diesem Fall linear und transaktional, fast wie eine Staffelstabübergabe bei einem Staffellauf. A.I.R. forderte die Designer:innen von Nike heraus, neue, iterative Beziehungen mit ihren generativen Werkzeugen zu schaffen, um den Input zwischen Programm und Person zu schärfen und die Eigenschaften eines Schuhs zu verfeinern, bis er das Wesen der Athlet:innen widerspiegelt.
Hoke ist überzeugt, dass das gezielte Zuhören am Anfang der Beziehungen steht, die Nike seit der Gründung des Unternehmens vor mehr als 50 Jahren pflegt. Neu und manchmal atemberaubend sei die "Geschwindigkeit und Treue", mit der die Designer:innen von Nike durch die Kombination von KI und ihren Beziehungen zu den Athlet:innen etwas erschaffen können, sagt er. Nicht die Werkzeuge sind die Zukunft des Designs bei Nike. Die Zukunft liegt in den Beziehungen von Nike zu seinen Werkzeugen und in der Brücke, die diese Werkzeuge schlagen, um die Beziehung zwischen Athlet:innen und Designer:innen zu vertiefen.
Am 11. April wurden die 13 Prototypen, die neue Maßstäbe setzen, auf beleuchteten Sockeln als Höhepunkt des Nike On Air-Events präsentiert. Aber Hoke hatte recht. A.I.R. geht gerade erst so richtig los.
"Es gibt kein Zurück mehr", sagt er. "Form und Funktion – vereint mit Fantasie".